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Ein Kleid aus Videokassetten? Der ungewöhnlichste Look der Oscars 2024 stammt aus Berlin

Upcyling at its best: Donata Wenders trug zu den Oscars ein Kleid aus Videotape – von VHS-Kassetten dreier Filme ihres Mannes, Wim Wenders.
Donata Wenders bei den Oscars 2024
Donata Wenders bei den Oscars 2024Mike Coppola/Getty Images

Oscars 2024: Donata Wenders kam in einem Kleid aus Videotape – made in Berlin

Die Präsenz deutscher Protagonist:innen bei den diesjährigen Oscars ist erfreulich hoch: So ist nicht nur Sandra Hüller als beste Hauptdarstellerin für ihre Performance in "Antomie eines Falls" nominiert, sondern auch zwei deutsche Regisseure in der Kategorie "Bester internationaler Film": İlker Çatak ging mit seinem Drama "Das Lehrerzimmer" für Deutschland an den Start während Wim Wenders mit "Perfect Days" für Japan antrat, wo der Film gedreht wurde.

Doch auch sehr viel ältere Werke des Kultregisseurs waren heute Abend auf dem roten Teppich der Oscar-Verleihung dabei – und zwar in Form des Kleides seiner Frau, der Fotografin Donata Wenders, die die im Film enthaltenen Traumsequenzen schuf. Dieses ist nämlich, kein Witz, handgestrickt aus den Tapes von drei alten VHS-Kassetten, nämlich den Wenders-Klassikern "Paris, Texas" (1984), "Himmel über Berlin" (1987) und "Tokyo-Ga" (1985).

So entstand das Kleid von Donata Wenders aus Videokassetten

Gefertigt wurde das Kleid in Berlin von der Designerin Mira von der Osten, die das nachhaltige Modelabel Cruba betreibt. Inspiriert dafür wurde sie bei dem Berliner Screening von "Perfect Days" im Kino International Ende des vergangenen Jahres. “Ich war verzaubert und teile die allgemeine Sehnsucht nach der analogen Welt, in diesem Fall nach Musikkassetten" [diese spielen in "Perfect Days eine wichtige Rolle, Anm. d. Redaktion], so von der Osten. "Schon länger habe ich mit Magnetband von Videokassetten, einem Material, was in großen Mengen in unserer Gesellschaft vorhanden ist, gearbeitet."

Mira von der Osten im Atelier bei der Arbeit am Tape-Dress.

Harry Miller

Wie es zu dieser Upcyling-Idee kam? "Mein Patenonkel schickte mir viele Videokassetten für die Schaufenstergestaltung in unserem Atelier in Berlin-Mitte. Sofort schraubten wir die Kassetten auf und stellten fest, wie gut sich das Magnetband verstricken lässt. Es dauert einige Zeit, aber mit etwas Übung und viel Ruhe kann man das Band so stricken, dass es sich nicht in Falten legt und maximal glänzt. Es ist ein unerwartet robustes Material, man kann es sogar in der Maschine waschen. Was uns außerdem sehr erstaunt hat, ist wie ergiebig es ist. Wir haben das Kleid aus nur drei Filmen gestrickt." Die Kontaktaufnahme zu den Wenders geschah anschließend initiativ. "Als große Wenders-Fans haben wir, sobald die Nominierung bekannt gegeben war, Donata das Konzept aus Magnetband und der Vorstellung, jemanden in Film einzukleiden, vorgestellt. Sie war sofort von dem Material begeistert und konnte sich vorstellen, in einem von uns designten Kleid zu den Oscars zu gehen. Das hat uns sehr gerührt, da auch Yamamoto und Chanel sich bemüht hatten, sie für diesen Anlass einzukleiden", so Mira von der Osten.

Last-Minute-Fittings in Berlin

Bei einem Studiobesuch habe sich Wenders dann einen ersten Eindruck verschaffen können und sei von dem Glanz und der Opulenz des Tape-Materials begeistert gewesen, daraufhin habe sie dem Cruba-Team die Videokassetten der Wendersfilme gegeben. "Wir haben dann mit fünf Stricker:innen unser Designstudio in einen Knitting-Club verwandelt. Zunächst haben wir ein Unterkleid aus Organzaseide gefertigt und dann das Gestrickte darauf gestickt."

Harry Miller

Um das Outfitmotto zu komplettieren, ließ sich das Designteam dann auch noch ein besonderes Accessoire einfallen: "Zuletzt haben wir noch eine Clutch in Form einer Musikkassette 3D-drucken lassen. Diese ist erst zehn Minuten vor der letzten Anprobe hier angekommen, dann war das Outfit perfekt. Am nächsten Morgen ging es schon Richtung roter Teppich nach L.A.!"

Auch Wim Wenders, selbst bekannt für seinen individuellen Modestil (erst bei der vergangenen Berlinale überreichte Wenders den Ehrenbären an Martin Scorsese mit einer schwarzen Glitzerkrawatte) mit einem Faible für japanische Designerstücke, zeigte sich begeistert von dem Kleid. "Endlich wird aus diesen ollen VHS-Bändern mal was Schönes gemacht! Ich hab mich für die grottige audiovisuelle Qualität dieser Videokassetten immer geschämt", scherzte Wenders.

Den Preis für den besten internationalen Film konnte er am Ende nicht mit nach Hause nehmen (er ging an Jonathan Glazers “Zone of Interest”), die kreative Idee hinter dem Kleid seiner Frau bleibt jedoch ungeschlagen.

Schauspieler Kōji Yakusho, Wim Wenders und Donata Wenders bei den Oscars 2024John Shearer
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